#08 Das Recht auf Dummheit

„Das Recht auf Dummheit gehört zur Garantie der freien Entfaltung der Persönlichkeit“ (Mark Twain).

Wenn man es also wie der berühmte amerikanische Schriftsteller (wer hat die Abenteuer von Tom Sawywe und Huckleberry Finn nicht gelesen) sieht, ist Dummheit quasi ein Menschenrecht. Und schließlich haben ja die dümmsten Bauern die dicksten Kartoffeln, zumindest wenn es nach dem deutschen Sprichwort geht.

Wir halten demnach fest: Dumm ist super.

Dumm daran ist nur, dass sich keiner für dumm hält. Die Dummheit erkennt sich sozusagen nicht selbst. Und was ist Dummheit überhaupt? Mit einer gehörigen Portion Wissen und einer großen Prise Intelligenz ist der Zenit der Schlauheit noch nicht erreicht. Es liegt vor allem daran, was jemand aus diesen Zutaten macht – seinen Entscheidungen.

Der italienische Wirtschaftshistoriker Carlo Cipolla hat dazu ein einfaches, aber plakatives Modell aufgestellt, nachdem es 5 Typen von Menschen gibt:

– Die Ineffektiven

– Die Schlauen

– Die Hilflosen

– Die Banditen

– Die Dummen

Er bedient sich dabei einer einfachen Formel: Welche Entscheidungen treffen Menschen? Und wie wirken sich diese auf sie selbst und andere aus?

Die Ineffektiven treffen so gut wie gar keine Entscheidungen.

Ihnen passiert das Leben sozusagen. Auch eine Möglichkeit. Mal sehen was passiert, das „Schicksal“ ist verantwortlich. Solche Menschen bezeichnen das, was ihnen passiert als Pech oder Glück. Die Verantwortung wird also immer auf externe Faktoren geschoben.

Die Schlauen treffen Entscheidungen, die sowohl für sie selbst, als auch für andere von Vorteil sind. Ich mag die Schlauen irgendwie.

Die Hilflosen handeln meist zum Vorteil der anderen, schaden sich aber mit ihren Entscheidungen selbst. Ich bezeichne sie oft als „Mitläufer“ oder „Samariter“. Mitläufer lassen sich leicht von außen beeinflussen und schauen zB gerne Youtube (wo ihnen jemand sagt, was das neue ursupere Megareichwerdprojekt ist). Wir wissen, dass Youtuber (oftmals) eine eigene Agenda verfolgen, die dann funktioniert, wenn viele das tun, was der Influencer vorgibt. Also zB einen bestimmten Coin kaufen, wenn der Influencer vor hat, ihn zu verkaufen. Die Entscheidung des Hilflosen, diesen Coin zu kaufen, macht den Influencer später reich, den Hilflosen arm.

Der Bandit macht das genaue Gegenteil. Die Entscheidungen des Banditen sind immer zum Nachteil der anderen, aber zu seinem eigenen Vorteil. Das beliebteste Opfer des Banditen ist der Hilflose. Ein Schelm, wer jetzt an Influencer denkt. Ich denke zB an Banker. Schon Bertold Brecht wusste: Nur Dilettanten überfallen eine Bank, wahre Profis gründen eine Bank!

Ja, und wer bleibt jetzt noch in unserer kleinen Typologie-Vorlesung?

Der Dumme. Dumme Menschen schaden mit ihren Entscheidungen sowohl den anderen, als auch sich selbst. Man stelle sich das einfach mit Plus und Minus vor. Ein dummer Mensch sorgt überall für ein Minus. Sogar ein Bandit ist da schlauer, er erzielt wenigstens ein Plus für sich selbst. Aber nachdem die Dummheit sich ja selbst nicht erkennt, erkennen dumme Menschen auch nicht den Schaden, den sie anrichten. Nicht mal den Schaden an sich selbst.

Darum bin ich anderer Meinung als Mark Twain und gegen ein Menschenrecht auf Dummheit. Denn eine dumme Person ist die gefährlichste überhaupt! Während Ineffizienz oder der Hilflosigkeit zumindest keinem anderen schadet, steckt Dummheit andere an. Vor allem Ineffiziente oder Hilflose. Das nennt man dann übrigens „FUD zweiter Ordnung“. FUD erster Ordnung wird ja von Banditen gestreut. Ein Bandit will andere verunsichern, um zB selbst günstig einkaufen zu können. FUD zweiter Ordnung ist der hilflose Versuch der Dummen, eine selbsterfüllende Prophezeiung herbeizuführen, um am Ende zumindest recht zu haben.

Wir erleben das übrigens laufend auf Telegram. Das Posting in einem Crypto-Forum „Schon krass, wie der Kurs runtergeht, überhaupt keine Bodenbildung in Sicht “ gehört in die Kategorie FUD. Ich kann nicht sagen, ob es sich nun um FUD erster oder zweiter Ordnung handelt – aber eines war klar: Das Posting stiftet keinen Mehrwert. Es hilft niemandem. Höchstens dem Ersteller, falls er damit beabsichtigt hat, sich selbst einen Kaufvorteil zu verschaffen. Aber dann wäre er ein Bandit.

Ich gebe FUD keinen Platz in meinem Leben.

Somit auch keinen Banditen und auch nicht der Dummheit. Dummheit ist nämlich leider auch nicht lernfähig – weil sie sich selbst ja nicht erkennt. Nur ein schlauer Mensch kann zB erkennen, dass er dumm gehandelt hat. Ein dummer Mensch hält sich hingegen immer für schlau. Ein Dilemma.

Dumm ist nämlich weder super, noch ein Menschenrecht, noch führt es zu dicken Kartoffeln. Ein Bauer mit dicken Kartoffeln ist nämlich immer eins: Schlau. Seien wir wie die Bauern … dann klappt es auch mit dem Investment.